Sobald Frau Mutter ist – nein halt ich korrigiere- sobald
wir Eltern werden , ist es als betreten wir ein Pralleluniversum (wenn es Mann
zulässt). Das Wort Universum übertreibt dabei kein bisschen, denn wenn ich auch
davor keinen blassen Schimmer hatte wie viele Angebote es geben kann und wie
weit diese mein alltägliches Leben bestimmen, so ist es beachtlich in was für
Welten wir eintauchen.
Spätestens im achten Monat, wenn dein Kind die ersten
Krabbelbewegungen macht oder sei es sich wild durch die Wohnung zu rollen, ist
die Mutter in Elternzeit – oder wohlgemerkt der seltene Mann in Elternzeit mehr
als dankbar für jede Beschäftigung außer Haus. Fünf Tage 24-Stunden Bespaßung
ist selbst bei der tapfersten Mutter/Vater nicht drin und etwas soziale
Kontakte für das Kind und nebenbei für die Mami oder den Papi kann nicht
schaden.
Bei uns kam wieder einer dieser Tage, wo ich daran dachte
mal wieder etwas Neues auszuprobieren. Die Initiative in einen angrenzenden
Stadtteil von uns hatte einiges geboten und da ich noch in keiner Krabbelgruppe
war, wäre dies doch mal eine willkommene Abwechslung zu Delfi (nein, wir
lauschen keinen Delfingeräuschen) und Mamayoga. Als ich relativ pünktlich in
die Etagenwohnung stolperte, standen da schon einige Kinderwägen. Doch ich sollte
mich täuschen im Krabbelraum befand sich lediglich – ein Vater. Oh auch noch
ein Vater – dies ist leider immer noch eine Seltenheit. Nur dieser stürmte mit
seinem kleinen Sohn gen Tür, so dass ich wohl ein recht verzweifelten
Gesichtsausdruck machte, wonach er mich gleich schien beruhigen zu müssen.
Nein, nein – kein Angst, er würde gleich wieder kommen. Somit war das Eis schon
gebrochen. Naja fast – vielleicht zu sehr. Ich fand ihn ganz sympathisch den
Vater von dem etwas müden Max, der seinen ersten Tag im Kindergarten hinter
sich hatte. (Nun gut – eine Stunde alleine mit Papa und der Bezugserzieherin-
aber immerhin). Die dezente Wahrnehmung von der Polarität von Mann und Frau in
einer Krabbelgruppe sollte uns etwas in unserer Unterhaltung irritieren. Aber
zum Glück wurden wir alsbald aus unserer
Zweisamkeit – ich meine doch Viersamkeit gerissen ;-) Da kam sogleich eine
Mutter mit Zwillingen mit süßen Schnürwollmützen bekleidet. Sie kamen wohl
gerade aus dem Garten, wie die Mutter es nannte. Ich stellte mir gleich einen
romantischen Garten mit Äpfelbäumen und Gemüsebeeten aus meiner Kindheit auf
dem Lande vor – später wurde dieses Bild vom Hinterhofrasen mit Betonuntergrund
etwas getrübt. Aber viel interessanter war, dass die Mutter sowie die Kinder – Erde
und Rotzverschmiert im Gesicht (und das wohlgemerkt die ganze Krabbelstunde
lang) mit reinen Wollklammotten auch tatsächlich dieser Vorstellung
entsprachen. Und dann hieß eines der Zwillingsmädchen auch noch nach
Ronjaräubertochters Mutter und die einjährigen Mädchen konnten schon die
Baumhausstrickleiter ähhh ich mein doch die Hochbettleiter im Kinderzimmer hochklettern.
Später erzählte mir eine andere interessante Darstellerin der Gruppe, dass die
Mützchen auch jedes Mal während des ganzen Spektakels anblieben. Naja, entweder
die Zwillingsmutter hatte uns belauscht oder das stimmt nicht ganz so, nach
weiteren 15 Minuten waren die Mützchen unten. Witzigerweise hatte diese Mutter
selbst eine Mütze auf von der sie sich nicht trennen konnte und wunderte sich,
dass ihr Sohnemann auf die Zwillinge mit ihren Mützchen stand. Irgendwie bleibe
ich immer an den sonderbarsten Müttern kleben. Dieses Mal war es eben diese
Mutter mit Mütze, dessen Sohn auch einen schwarzen Vater hat. Sie erzählte mir,
dass sie lediglich zu der Krabbelgruppe gehe und den Rest der Woche viel mit
Andre in den Park gehe und ihn durch die Wiesen streifen lasse. Langsam bekam
ich ein schlechtes Gewissen, vor lauter Erzählungen von Wiesen und Gärten, so
dass ich kurz vergaß, dass wir in einer Großstadt und noch dazu im tiefsten
Winter befinden. Irgendwie konnte ich mir Louis
- auch mit der wasserdichtesten Winterhose- trotzdem nicht durch die
Wiese robbend vorstellen. Aber eine Anregung ist es wert. Ich erfuhr aber noch
weiterhin Interessantes. Zum Beispiel, dass mensch als alleinerziehendes
Elternteil für 3 Jahre vom Jobcenter unterstützt werde. Was ich an sich keine
schlechte Sache finde. Ich selbst nur könnte mir nicht vorstellen mich drei
Jahre lange ausschließlich um meine Kind zu kümmern. Es schien jedoch Frau
Mütze habe sich bereits darauf eingestellt. Was mir zudem neu erschien, dass
sie anscheinend ihren ganzes soziales Netzwerk verloren habe, seitdem sie ihr
Kind bekommen hatte. Djembespieler und afrikanische Tänzer. Nun gut – auch eine
krasse Erfahrung.
Im Gegensatz dazu gibt es natürlich dann auch die Mütter,
die jeden Tag ein andere Programm wahrnehmen bzw. sich freihalten wahrnehmen zu
können. Die berichten einen dann vom Babyschwimmen, Beatbabies, Babyturnen und so manch anderem.
Beim Gehen schwirrte mir schon ganz der Kopf. Als ich dann eigentlich nur
nochmal kurz die Toilette aufsuchen wollte kam mir ein anderer Vater entgegen
und erzählte mir, dass nun sein Kind schon mit der Heizung spreche - in
Hoffnung diese würde doch endlich seine Geschichte verstehen. Er knüpfte an
unsere vorherige Unterhaltung an, weil sein Kind mit ausdruckstarker Gestik mir
mehrmals versuchte die gleiche Geschichte auf Babysprache zu erzählen. Nur das
war so ein Typ „ich bin jetzt ausschließlich Papa“ da gab es jedenfalls in den
Krabbelgruppe kein Mann-und-Frau Moment mehr, sondern nur Mama von Louis und
Papa von Anton. Da ich anscheinend so busy mit den Eltern und meine
Sozialstudie der Krabbelgruppe war begnügte sich meiner Kleiner damit, die
gesamte Küchenutensilienkiste umzuschmeißen und die anderen tollen Spielsachen
zu erkunden – die anderen Babys schienen in dieses Mal wenig zu interessieren.
Ich glaube er war wie seine Mama auch etwas überfordert. Wir werden wohl bei
unseren zwei Kursen in der Woche und den neu und alt befreundeten Familien
bleiben. Aber spannend war es schon!